Die vierte Saison ohne Abstieg (2019, 2020, 2021 und 2022 keine Liga-Qualifikation). Die zweite Saison mit durcheinandergewürfeltem Spielplan. Die zweite Saison der wohlfeilen Ausreden, weil es so viele Verschiebungen und Ausfälle gibt. Unter diesen Voraussetzungen ist es nicht einfach, eine Leistungskultur zu hegen und zu pflegen. Der SC Bern und die SCL Tigers haben sportlich diese zwei letzten Jahre am unglücklichsten gemanagt. Beide haben die Leistungskultur verlottern lassen. Beide haben diese Saison bei der Wahl des Trainers kein Glück gehabt. Beide zahlen die Rechnung dafür.
Wer als Aussenseiter ein klares Konzept, den richtigen Trainer und eine intakte Leistungskultur hat, kann weit kommen. Die Lakers, erst 2018 aufgestiegen, haben sich in der Spitzengruppe etabliert.
Ambri, mit dem kleinsten Budget der Liga, ist nun punktgleich mit dem SC Bern, der mehr als doppelt so viel Geld ausgibt. Eine bemerkenswerte Momentaufnahme. Selbst wenn Ambri die Pre-Playoffs am Ende doch nicht erreichen sollte: Mitte Januar punktgleich und auf sportlicher Augenhöhe mit dem mächtigen SCB zu sein, ist eine der bemerkenswertesten Leistungen der letzten Jahre. Ja, eine Sensation.
Ambris grosses Glück: Die Ausländer, die schwächsten der Liga, sind das einzige Problem. Alles andere funktioniert. Das hat sich gerade gestern in Langnau beim 4:0-Sieg erneut gezeigt. Trainer Luca Cereda und Sportchef Paolo Duca sind unbestritten. Die Mannschaft kompensiert fehlendes Talent mit Disziplin und Struktur. Der «eidgenössische Kern» der Mannschaft ist intakt. Dazu passt: Drei der vier Treffer haben Schweizer erzielt.
Bei den SCL Tigers ist es gerade umgekehrt. Obwohl nur Harri Pesonen zur Verfügung stand: Die Ausländer sind eigentlich kein Problem. Auch nächste Saison nicht. Vier stehen schon unter Vertrag (Pesonen, Grenier, Saarela, Saarijärvi), die zu den besten der Liga gehören werden. Der Rest aber ist weiterhin höchst problematisch: Trainer Jason O`Leary musste bereits durch Yves Sarault ersetzt werden. Unter dem neuen Trainer, dem dritten seit Beginn der letzten Saison, haben die Langnauer alle drei Partien verloren: Zweimal gegen die Lakers (3:5, 1:3) und nun eben gegen Ambri. Inzwischen hat Langnau zehn Spiele hintereinander verloren. Wer nächste Saison an der Bande stehen wird ist offen. Erste Gespräche mit Michael Liniger (GCK Lions) sind zwar vielversprechend verlaufen. Aber es gibt auch kritische Stimmen, die von Liniger keineswegs restlos überzeugt sind.
Am Ende dürften die guten persönlichen Beziehungen von Michael Liniger zu Präsident Peter Jakob den Ausschlag geben. Der Vorsitzende wünscht eine Schweizer Lösung. Was dann allerdings später eine Trennung schwieriger machen wird: In der vierten Jahreszeit fallen im Emmental jedes Jahr die letzten Blätter aus den Bäumen und in der fünften Jahreszeit in der Regel die Trainer aus dem Amt. Irrt sich Sportchef Marc Eichmann bei der Anstellung des Trainers erneut, droht im Frühjahr 2023 der Abstieg.
Gewiss, Paolo Duca hatte grosse Schwierigkeiten, die Ausländerpositionen für diese Saison zu besetzen und es ist sein Glück, dass er für nächste Saison erst einen unter Vertrag hat (Filip Chlapik). Aber es ist einfacher, eine intakte Mannschaft auf nächste Saison mit Ausländern zu ergänzen als um gute Ausländer herum eine Mannschaft zu bauen. Auf den Positionen mit helvetischen Lizenzen wird es in Ambri für nächste Saison keine spektakulären Veränderungen mehr geben. Captain und Verteidigungsminister Michael Fora wird Ambri zwar Richtung Davos verlassen. Aber es ist Paolo Duca gelungen, Dominic Zwerger (gestern wehrhaft und wegen Prügelei in die Kabine geschickt) zu halten. Er sagt, es könnte noch diesen oder jenen Transfer geben. «Aber keine spektakulären Zuzüge. Wir können zwar Junioren zu Nationalspielern ausbilden und versuchen, sie zu halten. Was nicht immer gelingt. Aber wir haben nicht die Mittel, um Nationalspieler von anderen Klubs zu verpflichten.»
Das ist nicht ganz richtig. Ambri hat auf diese Saison dem SC Bern mit Yanik Burren und André Heim zwei Nationalspieler ausgespannt, die nun in der Mannschaft vorne und hinten eine zentrale, tragende Rolle spielen. Das ist allerdings nur wegen der schier unfassbaren Torheit des damaligen, inzwischen ausgemustertem sportlichen SCB-Managements möglich geworden. Von dieser Torheit kann Ambri auch nächste Saison profitieren: Yanik Burren und André Heim dürften nämlich noch besser werden. Sollte Ambri tatsächlich auf Kosten der Berner die Pre-Playoffs erreichen, so wäre das die direkte Folge der Transfers von Yanik Burren und André Heim. Dank zwei «Kaisertransfers», die das Kräfteverhältnis der Liga zu Lasten der Berner verschoben haben. Dank dem SCB.
Der SC Bern, zuletzt Meister 2016, 2017 und 2019, wird zum dritten Mal in Serie nicht einen der ersten acht Plätze erreichen. Nie zuvor seit Einführung der Playoffs (1986) ist eine meisterliche Leistungskultur so schnell, gründlich und nachhaltig ruiniert worden. Das 0:3 gegen Gottéron ist die 7. Niederlage in Serie – und es spielt keine Rolle mehr.
SCB-Trainer Johan Lundskog steht, da die Resultate unerheblich geworden sind und nächste Saison ja in Bern automatisch alles besser wird (oder auch nicht) intern nicht in der Kritik. Er wird gerühmt und gelobt. Aber nichts untergräbt die Autorität eines Trainers so stark wie verlorene Spiele. Irgendwann kann es auch beim besten Trainer der Welt, auch bei einem so kompetenten, tüchtigen und lobgepriesenen wie Johan Lundskog die Niederlage zu viel.
Die Gründe, warum es nicht funktioniert, sind gerade in dieser turbulenten Saison vielfältig. Einige Faktoren können vom Sportchef und vom Coach nicht beeinflusst werden. Einige aber schon. Dort, wo der Trainer ein Konzept eingeschult hat, das auf die Fähigkeiten der Spieler zugeschnitten ist, und wo er ein hohes Mass an Leistungsbereitschaft, Leidenschaft und taktischer Disziplin durchzusetzen vermag, gelingt es auch unter schwierigen Voraussetzungen eine Mannschaft intakt zu halten. Der richtige Trainer ist zwar nicht alles. Aber ohne den richtigen Trainer ist alles nichts.
Wer seine Hausaufgaben gemacht hat, kann in dieser Saison der wankenden Titanen Wunder vollbringen. Wie die Lakers und Ambri. Wer seine Hausaufgaben in Schlüsselbereichen nicht gemacht hat, den bestrafen die Hockeygötter. Wie Bern und Langnau.
Du warst eigentlich der einzige der Bern zur erweiterten Spitze gezählt hat. Beide spielen in etwa dort wo sie hin gehören.
Eine Sensation wäre, wenn Ajoie um die Pre-Playoffs mitspielen würde.